Tiefe Schluchten, hohe Berge

Wir waren zwar schon auf über 2000m, aber diese Arbeit hat im Wesentlichen das Auto für uns erledigt und auf den kleineren Wanderungen gab es zwar auch einige Höhenmeter zu überwinden, aber da muss mehr drin sein.

Zunächst allerdings sind wir noch in der Ebene, beim Frühstück planen wir das Ende des Reiseabschnitts Oman und buchen uns für zwei Nächte in Al Buraimi (von wo ich gerade schreibe) an der Grenze zu den arabischen Emiraten ein und für eine weitere Nacht in Abu Dhabi. Außerdem planen wir, was wir bis zur Abgabe des Autos noch alles anschauen wollen, wir haben schon große Teile des Landes gesehen, aber gerae was meinen Wanderlust geht, gäbe es noch einige Möglichkeiten.

Nach unserer Planungssession fahren wir durch Al Hamra, eine eher unbeeindruckende Stadt, und über eine Serpentinenstraße nach Misfat al Abryyin (wenn ich in unterschiedlichen Artikeln gleiche Orte anders buchstabiere, dann liegt das daran, dass auch tatsächlich der gleiche Ort auf zwei aufeinanderfolgenden Straßenschildern unterschiedlich geschrieben sein kann). Misfat liegt am Eingang zu einem Wadi am Hang, leicht erreichbar über eine geteerte Straße und somit eine ideale Attraktion für Touristen. Auch hier gibt es wieder alte Lehmhäuser zu sehen, die teilweise noch bewohnt werden und einen wunderschönen Terrassengarten, der von einem Wasserkanal durchzogen wird. Hier startet auch eine der markierten Wanderungen und wir enschließen uns dem Weg ein wenig zu folgen. Erst geht es entlang des Kanals durch die Gärten, später führt der Weg entlang des Wadis, man durchquert einmal den Boden um auf der anderen Seite weit empor zu steigen und den Wadi schließlich nach rechts zu verlassen. Wir wandern insgesamt etwa zwei Stunden auf diesem Weg, am Ende folgen wir allerdings nicht mehr den Markierungen (falls es sie überhaupt noch gibt) und kehren nach eine kleinen Pause an einer kleinen Schlucht wieder um. Da wir in Nepal etwas länger wandern wollen sehe ich das hier alles als eine Art Trainingslager und unsere Etappen werden langsam anstrengender und anspruchsvoller. Auf dem Rückweg will ich noch kurz weiter durch die Gärten laufen, was zu einem steilen Ab- mit folgendem ebenso steilem Aufstieg führt, der uns kurz bevor wir wieder zurück zum Auto kommen, noch mal richtig ins Schwitzen bringt.

Palmengärten und Wasserkanal

Palmengärten und Wasserkanal

Zufrieden mit der sportlichen Betätigung für diesen Tag wenden wir uns wieder Richtung Tal und fahren nach Bahla. Dort steht ein großes, in 20-jähriger Arbeit restauriertes Fort, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Wir haben mittlerweile schon einige Forts gesehen und da es leider auch hier im Inneren keine weiterführenden Informationen zu den Räumen gibt, denen auch die Einrichtung abhanden gekommen ist, begnügen wir uns damit, ein bisschen umherzuspazieren. Die Eintritte für die Forts liegen normalerweise bei 500 Baiza pro Person, das ist ca. 1,20€ und somit echt fair, leider fehlt eben auch ein bisschen die historische und kulturelle Information.

Das Fort in Bahla.

Das Fort in Bahla.

Um so erfreuter bin ich beim nächsten Stop, den wir am Palast von Jabrin einlegen. Auch hier liegt der Eintritt bei 500 Baiza und für 1 Rial, also 2,50€, kann man sich noch einen Audioguide leihen, eine absolute Seltenheit hier. Wir bekommen den Audioguide sogar noch umsonst und verbringen einige Zeit damit durch die Gänge und Zimmer des ehemaligen Regierungszentrums (schon ein paar hundert Jahre her) zu erkunden, Geheimgänge und Gefängnisse zu entdecken. Der Imam, der hier geherrscht hat, wurde von seinem Bruder belagert und ist schließlich in seinem goldenen Käfig gestorben. Sein Bruder hat anschließend die Macht übernommen, allerdings hat er das Reich von Rustaq aus regiert (da kommen wir später noch vorbei).

Innenhof im Palast von Jabrin

Innenhof im Palast von Jabrin

Sportlich und kulturell gesättigt gönnen wir uns ausnahmsweise mal wieder eine Nacht in einem richtigen Bett und leisten uns sogar eine Mahlzeit im Hotelrestaurant und obwohl wir uns nicht sicher sind, was genau wir eigentlich bestellt haben, gehen wir letztendlich sehr satt und zufrieden ins Bett.


Früher war das Wochenende im Oman Donnerstag und Freitag, vor einigen Jahren wurde das geändert und jetzt sind offiziell Freitag und Samstag Wochenende. Man kann es sich schon denken: Der Freitag ist und war schon immer der zentrale Tag des Wochenendes, auch der einzige Tag, an dem man das an den Ladenöffnungszeiten merken kann. Die ganzen großen Supermärkte haben natürlich trotzdem den ganzen Tag geöffnet, aber kleinere Läden machen häufig erst am Nachmittag auf und auch dann nur für ein paar Stunden.

Wie dem auch sei, Freitag ist somit auch der Tag mit den meisten kulturellen Aktivitäten. Rund um den Freitag findet man etliche Familien und Gruppen von Jugendlichen, die in den Bergen oder in Wadis picknicken und andere Ausflüge und Unternehmunge starten. Freitags Nachmittags hätten wir auch, was wir eigentlich geplant hatten, auf einen Bullfight in einer der Städte der Batinah, der Ebene an der Nordküste, gehen können. Anders als in Spanien tritt hier der Stier nicht gegen einen Menschen an, sondern es kämpfen zwei Stiere gegeneinander, was meistens wohl nur wenige Minuten dauert, und der Gewinner wird etwas wertvoller, während der Verlierer vielleicht zum Schnäppchen wird. Da wir allerdings im Moment noch im Zentraloman sind und daher einige hundert Kilometer extra fahren müssten um dieses Event zu besuchen und zusätzlich nicht wissen, in welcher Stadt es an diesem Freitag stattfindet (Die Kämpfe finden in vier verschiedenen Städten statt, die wöchentlich durchrotieren), entscheiden wir (also eigentlich ich, als Chefroutenplaner), dass das den Aufwand nicht wert ist und da uns von dem Pärchen aus dem Wüstencamp empfohlen wurde, den Tiermarkt in Bahla zu besuchen, machen wir das stattdessen. Ein solcher Tiermarkt findet auch in Nizwa statt und ist dort eines der größten touristischen Events, laut Reiseführer ist der Tiermarkt in Bahla etwas kleiner und traditioneller und noch nicht sonderlich touristisch.

So stehen wir morgens um halb 9 auf dem Souq von Bahla, außer uns ist nur noch eine weitere Touristin zu sehen. Vielleicht haben wir auch die Hochphase schon verpasst, als wir ankommen stehen allerdings immer noch 50-100 Omanis im Kreis um den Hauptplatz herum und im Inneren des Kreises werden die Tiere (hauptsächlich Ziegen und Schafe) herumgeführt und an den Höchstbietenden versteigert. Zwischendurch werden auch noch andere waren angepriesen, mit Honig gefüllte Bienenwaben oder Getreide etwa. Es ist ein reges Treiben, laut und heftig wird gerufen und diskutiert, aber nach ca. 15-20 Minuten scheinen die besten Tiere schon unter den Hammer gekommen zu sein und die Menge löst sich langsam auf. Nach einer halben Stunde haben wir dann endgültig das Gefühl, dass nicht mehr viel passieren wird und da wir leider nicht über die nötigen Mittel verfügen, auf dem Rest der Reise noch für eine Ziege zu sorgen, gehen wir wieder zum Auto zurück und machen uns auf den Weg Richtung Jebel Shams, das ist mit 3008m der höchste Berg hier im Oman.

Auf dem Weg kommen wir an einem weiteren verlassenen Lehmdorf, Ghul, vorbei, dass sehr schön an einem Wadiausgang liegt. Anschließend führt die Straße wieder in steilen Serpentinen bergauf und nach etwa 20 km ist der geteerte Teil mal wieder zuende. An einer Abzweigung, die rechts zu unserem eigentlich Ziel führt, entscheiden wir uns links abzubiegen und fahren somit eine etwas längere Rundfahrt über Stock und Stein auf dieser Hochebene, mit teilweise sensationellen Ausblicken in die felsigen Tälern und haarigen Straßenpassagen. Letztendlich kommen wir wieder auf ein geteertes Stück Straße, dass dann auch zu unserem eigentlichen Ziel führt, einem Aussichtspunkt auf den „Grand Canyon“ des Omans mit dem Gipfel des Jebel Shams im Hintergrund, und dem Anfang einer Wanderung durch eben jenen Canyon.

Matthias am Rande des Abgrunds.

Matthias am Rande des Abgrunds.

Die erwähnte Wanderung führt uns entlang der Steilwand des Canyons –  aus der Ferne würde man niemals denken, dass in dieser Wand ein Weg entlang führt – zu einem verlassenen Dorf mitten an der Steilwand im Canyon. Die Häuser in diesem Dorf sind teilweise unter einem Überhang gebaut und sogar ein paar Terrassenfelder wurden angelegt. 15 Familien haben hier bis vor wenigen Jahren (naja, sagen wir mal Jahrzehnten) gewohnt, ein wirklich sehr entlegenes Fleckchen. Das auch in diesem Dorf die Überreste eines Wachturms zu erkennen sind wirkt beinah ein bisschen paranoid, ist das Dorf durch seine Lage doch schon beinah uneinnehmbar. Auf Empfehlung unserer Bekannten aus dem Wüstencamp wandern wir hinter dem Dorf bis zu den Terrassen und dann nach oben und links, um zu einem wunderschönen Pool zu gelangen, an dem wir eine Stunde Mittagspause einlegen, bis die ruhige Atmosphäre von einer Gruppe englischer Touristen gestört wird.

Ein wunderschönes Fleckchen, aber alleine war es noch angenehmer.

Ein wunderschönes Fleckchen, aber alleine war es noch angenehmer.

Leider muss man auch auf dieser Wanderung den gleichen Weg wieder zurück gehen (Wo soll man auch sonst hin? Rechts und links geht es hunderte Meter nach oben bzw. unten). Die letzten 4 km auf dem Weg zur Wanderung sind wir entlang einer Piste gefahren und hier finden wir auch unserem Schlafplatz für die Nacht, den wir glücklicherweise schon recht früh am Nachmittag belegen, da aufgrund des Wochenendes am Ende doch noch einige Zelte um uns herum aufgestellt werden. Da wir wieder auf ca. 2000m sind, wird es erneut (aber wenigstens zum letzten Mal) eine kalte Nacht…

 

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