Rund um die Annapurnas

Dieser Artikel wird vermutlich etwas länger, da ich die gesamte Wanderung und die restlichen Tage, die wir noch in Nepal waren hier zusammenfasse. Dafür gibt es bestimmt auch einige hübsche Bilder zu sehen! Gerade ist mir auch aufgefallen, dass die Bildergalerien aus dem Oman und Nepal gar nicht mehr zu sehen waren, nachdem ich einen Artikel veröffentlicht habe … Deswegen gibt es jetzt bei beiden Ländern das passende Untermenü, mit dem man zur Bildergalerie kommt. Warum sagt mir das keiner? Tzz….

 

Tag 1: Kathmandu – Bhulbhule (840m)

Wie bereits geschrieben kommen wir recht früh am Ticketschalter des Busbahnhofs an. Während unser Taxifahrer für uns zwei Tickets nach Bhulbhule organisiert, werden wir von Martin, einem deutschen Beruffschullehrer im Sabbatical mit den Worten „We have bad news for you guys“ begrüßt. Aber alles halb so wild, aufgrund der Benzinknappheit fährt nur ein Bus nach Bhulbhule und das erst 2,5 Stunden später. Mit so etwas hatte ich sowieso schon halb gerechnet. Wir machen es uns also an einem Teestand gemütlich und smalltalken mit unseren Reisegefährten bis irgendjemand vorbeikommt und uns zu unserem Bus bringt.

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Wie ich es auch schon aus Sri Lanka kenne, werden die Busse hier wieder zu zweit betrieben: Ein Fahrer und ein Geldeintreiber/Platzzuweiser/Fahrgastanwerber/Gepäckverantwortlicher. Unsere Busfahrt beginnt schleppend, gefühlt endlos fahren durch das Stadtgebiet von Kathmandu, halten an jeder Ecke und es steigt doch fast niemand mehr ein. Als die Häuserdichte kleiner wird und wir ländliche Regionen erreichen bekommen wir schnell ein besseres Gefühl für die Topographie des Landes (abgesehen vom Süden): Es ist überall bergig und die Straße führt nur selten geradeaus, meistens schlängelt man sich Serpentinen hinauf oder -ab, gepaart mit den, für uns sehr waghalsig anmutenden, Überholmanövern des Busfahrers eine unangenehme Erfahrung. Zum Highlight der Reise wird die letzte Stunde, in der wir vermutlich nicht viel mehr als 10km zurücklegen, dafür aber gelegentlich aufgrund des Zustands der Straße (Feldweg) gelegentlich fast bis an die Decke des Busses geschleudert werden. Diesen Teil hätte man wohl auch gut laufen können…

Nach der Ankunft in Bhulbule verschwenden wir nicht viel Zeit (Die Busfahrt hat ca. 8h gedauer) und nehmen ein Doppelzimmer in einer der ersten Lodges, der wir begegnen. Das Zimmer ist etwa sechs Quadratmeter groß, es gibt zwei Betten und einen sehr schmalen Gang zwischen den Betten. Dafür haben wir hier sogar noch eine Steckdose! Zum Abendessen gibt es gebratene Nudeln mit Ei und Gemüse – das wird es demnächst noch häufiger geben – und nach dem Abendessen spielen wir zu viert noch eine Runde Yaniv. Das ist scheinbar ein israelisches Kartenspiel (wir lernen es von Chris dem Australier) und ist sehr leicht und schnell lernbar. Oh und der krönende Abschluss des Tages: Gemütlich im Bett liegend gucken wir noch den neuesten Tatort, den Matthias in Kathmandu noch auf sein Tablet geladen hat (Ja, wir zahlen beide Gebühren!).

Tag 2: Bhulbhule – Jagat (1300m)

Der erste Teil der heutigen Etappe ist etwas ernüchternd. Im unteren Teil des Marsyangdi-Tals wird zurzeit von den Chinesen ein Staudamm errichtet und die Bauarbeiten zerstören die Idylle der Wanderung ziemlich. Bei einer älteren Frau, die uns gerne  auch Marihuana verkaufen würde, erstehen wir zwei Bambusstöcke, die günstigere Alternative zu echten Wanderstöcken. Wir befinden uns heute noch in der subtropischen Vegetationszone, rechts und links des Weges gibt es Felder, gelegentlich allerdings auch Bananenpalmen oder Orangenbäumen und nach dem ersten Steilen Anstieg erholen wir uns bei einem frisch gepressten Orangensaft. Die Baustelle haben wir jetzt schon hinter uns gelassen und der Weg fuhrt auf der Ostseite des Tals hoch über dem Fluß durch einige Dörfer talaufwärts. Außer unserer Vierergruppe haben wir bisher noch ein junges französisches Pärchen, eine Gruppe von Indern (3 Mädels und zwei Kerle, von denen einer eindeutig europäische Wurzeln hat und der mit einem starken nicht-indischen Akzent englisch spricht) und einen alleine wandernden Deutschen mittleren Alters, der sich zum Mittagessen zu uns gesellt. Er heißt Alfred (oder so) und war schon einmal hier. Damals war er wohl zu schnell unterwegs und hat am Pass dann ziemlich unter der Höhenkrankheit gelitten, dieses Mal will er gar nicht über den Pass, die niedrigeren Gebiete, in denen auch noch viele Pflanzen wachsen, gefallen ihm sowieso viel besser. Trotzdem ist er wieder sehr schnell unterwegs. Ein paar Tage später treffen ihn die Franzosen noch einmal wieder: Es geht ihm schlecht.

Wir finden eine nette Unterkunft am Ortseingang von Jagat, direkt vor der Türe führt ein steiler Pfad zum Flussufer, wo aus drei Schläuchen das Wasser einer heißen Quelle in ein Betonbecken läuft (ein Schlauch mit sehr heißem, einer mit heißem und einer mit kühlem Wasser, nach Bedarf kombinierbar). Hier lassen wir den Tag ausklingen, was gibt es schöneres, als nach einem Wandertag ein heißes Bad zu nehmen. Abends spielen wir wieder eine Runde Yaniv, allerdings geht es Matthias nicht sehr gut, weswegen wir früh ins Bett gehen.

Tag 3: Jagat

Über Nacht hat sich Matthias´ Zustand eher verschlechtert, er hat Kopfschmerzen und Magen-Darm-Probleme, weswegen wir uns für einen Ruhetag entscheiden. Die anderen beiden ziehen weiter, ab jetzt sind wir wieder alleine unterwegs. Während Matthias sich erholt unternehme ich eine kleine Wanderung alleine, auf der ich zwei Mal an diesem schönen Wasserfall vorbeikomme:

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Den Rest des Tages trinke ich Unmengen Tee (bin leicht erkältet) und lasse die Seele baumeln.

Tag 4: Jagat – Danakyu (2160m)

Matthias ist zwar noch nicht wieder ganz hergestellt, aber er fühlt sich fit genug um die nächste Etappe in Angriff zu nehmen, was wir dann auch machen. Aufgrund seines Zustandes entschließen wir uns ausschließlich entlang der Straße zu laufen, hier ist der Weg gut und die Steigung mäßig.

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Gegenüber des Wasserfalls, an dem ich am Vortag schon vorbeigekommen bin, befindet sich dieses hübsche teahouse. So oder ähnlich sahen die meisten Restaurants und Unterkünfte entlang des Weges aus. Nach Jagat kommen wir durch Chamje und ab hier geht die Straße weiter recht steil talaufwärts. Einige Zeit später sehen wir rechts unterhalb der Strasse auf der anderen Seite der Schlucht das Dörfchen Tal (Nepali  für „See“). Der eigentliche Wanderweg führt durch das Dorf, doch da wir auf der Strasse geblieben sind, haben wir eine schöne Aussicht von oben auf das Dorf.

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Anschließend wird das Tal enger und wir laufen durch einen schluchtartigen Teil, bis es wieder etwas offener wird und wir jetzt schon durch einen Nadelwald und einige kleine Siedlungen nach Danakyu aufsteigen. Wir finden eine nette Unterkunft, hier gibt es sogar eine westliche Toilette, und da wir die einzigen Gäste sind dürfen wir uns zum Essen an das Feuer in der Küche setzen und selbstgemachte Yak-Wurst snacken. Wir bestellen hier eine Pizza, die in Ermangelung eines Ofens hier gedämpft wird, für mich eine etwas ungewöhnliche Erfahrung.

Tag 5: Danakyu – Dhikur Pokhari (3060m)

Die Nacht war zwar schon recht kühl, aber als sich die Sonne morgens zeigt, wird es schnell wieder angenehm warm und wir starten die nächste Etappe. Zum Mittagessen erreichen wir Chame, einen etwas größeren Ort, in dem wir eine längere Pause zum Postkartenschreiben und -abschicken einlegen und das WLAN benutzen, um wieder Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Die Nachmittagsetappe verläuft recht zäh, obwohl wir eigentlich nicht mehr viele Höhenmeter machen müssen (Chame liegt auf 2700m, wir wollen in Bhratang auf etwa 2800m übernachten), da sich die Straße unspektakulär und ohne Ende durchs Tal schlängelt und auch immer wieder kleine An- und Abstiege für uns bereithält. In Bhratang gibt es genau ein einziges Haus (ein zweites wird gerade gebaut) und dieses Haus – soweit ich mich erinnere – das einzige Teahouse, das wir auf  dem ganzen Trek gesehen haben, in dem man nur essen und nicht übernachten kann. Das ist ungünstig, weil das nächste Dorf noch ca. zwei Laufstunden und weitere 250 Höhenmeter entfernt ist. Zum Glück fährt just in diesem Moment ein Jeep vorbei, der uns in etwa 20 Minuten bis nach Dhukur Pokhari bringt, einer trostlosen Holzbudenansammlung, in der wir unsere erste Nacht auf über 3000m verbringen. Aufgrund der schlechten Isolierung ist diese Nacht eine der kältesten während der ganzen zwei Wochen, unsere Wasserflaschen sind am Morgen halb mit Eis gefüllt.

MG_8825-2Erwähnen muss man noch den schönen Rückblick von Dhukur Pokhari das Tal hinab, der eine faszinierende glattgeschliffene Steinwand zeigt, die eigentlich fast zum Hochlaufen einläd.

Tag 6: Dhikur Pokhari – Upper Pisang (3300m)

Matthias hat heute wieder einen leichten Durchhänger und da wir gestern schon recht viele Höhenmeter (wenn auch am Ende mit Jeep) zurückgelegt haben, gehen wir heute nur die kurze Etappe nach Upper Pisang (ca. 1h), nachdem wir einen gemütlichen Morgen verbracht haben. Zum Mittagessen haben wir unsere  Unterkunft am Hang schon bezogen und essen mit wunderschönem Ausblick auf Lower Pisang und einen der Annapurnagipfel. Ich mache nachmittags noch einen kleinen Spaziergang entlang des Weges des nächsten Tages und unterhalte mich später in der Unterkunft mit einem Kanadier, der schon ca. ein Dutzend Mal in Nepal war und den Trek auch schon zum dritten Mal macht.

Tag 7: Upper Pisang – Braka (3450m), über Ghyaru (3620m) & Ngawal

Wir sind heute wieder ambitionierter unterwegs und gehen zunächst etwa eine Stunde eben entlang des Hanges durch einen dünnen Kiefernwald, bevor wir zum steilen Anstieg nach Ghyaru gelangen. In ewigen Serpentinen und in der Sonne – es ist trotz der Höhe noch sehr warm – erkämpfen wir uns die nächsten 300 Höhenmeter und werden anschließend von dieser wunderschönen Aussicht für den Kampf belohnt:

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Zusätzlich belohnen wir uns noch selber mit Snickers und Masala Tee und genießen noch eine ganze Weile die Aussicht und die Wärme der Sonne, bevor wir weiterlaufen. Ab hier geht der Weg wieder entlang des Hanges und

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man bekommt einige sehr schöne Blicke zurück auf Ghyaru und den dahinter liegenden Pisang Peak zu sehen. Zum Mittag genießen wir eine Knoblauch-Nudelsuppe in Ngawal und von hier geht es nachmittags wieder zurück ins Tal, wo der Weg wieder unerwartet lang einer staubigen Piste folgt, bis wir gegen fünf Uhr abends in Braga – gesprochen „Braka“ – ankommen. Hier gibt es nur noch eine offene Unterkunft, das New Yak Hotel, ein recht großes Steinhaus mit eigener Bäckerei (Zimtschnecken!). Ich entspanne meinen schmerzenden Rücken unter der gasbeheizten Dusche und zum Abendessen gibt es Yakburger, sehr lecker!

Tag 8: Braka – Khangsar (3730m)

Auch aus dem Tal hat man eine wunderschöne Aussicht auf die umliegenden Berge:

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Unsere Tagesetappe führt uns heute nach Khangsar, wo wir aus Gründen der besseren Akklimatisation eine weitere Nacht verbringen werden. In der gestrigen Unterkunft haben wir auch das französische Pärchen wiedergetroffen, das wir heute gelegentlich wieder sehen. Da unsere Laufgeschwindigkeiten nicht kompatibel sind, verzichten wir darauf, zu viert zu laufen. Eine halbe Stunde hinter Braga erreichen wir Manang, den größten Ort im Tal. Hier müssen wir mal wieder unsere Permits zeigen und Stempeln lassen und ich werfe die letzte Postkarte ein. In Manang gibt es sogar einige Filmsäle, täglich werden Klassiker wie „Sieben Jahre in Tibet“ oder „Into the Wild“ gezeigt. Hinter Manang zweigen wir von der eigentlichen Hauptroute ab in das Seitental nach Khangsar, wo wir rechtzeitig für ein spätes Mittagessen (Knoblauch-Nudelsupper und Zimtschnecke, was sonst?) ankommen. Am Nachmittagsteigen wir noch weiter Richtung Old Khangsar, dem verlassenen alten Teil des Dorfes, auf und erreichen zum ersten Mal die 4000m-Grenze.

Tag 9: Khangsar – Tilicho Base Camp (4190m)

Unser nächstes Ziel ist das Tilicho Base Camp auf knapp 4200m. Am Vorabend ist kurz vor Sonnenuntergang noch ein Pärchen aus den USA in unserer Unterkunft angekommen, die beim Abendessen dann erzählt haben, dass sie den Weg dorthin abgebrochen haben, weil er ihnen zu haarig erschien. Wir sind gespannt!

Die erste Stunde von Khangsar bis zu einer Lodge entlang des Weges ist schon mal unkritisch. Zunächst geht es entlang einer Straße und schließlich noch etwa 100 Höhenmeter auf einem angenehmen Weg nach oben. An dieser Lodge treffen wir Martin wieder, unseren Gefährten vom ersten Tag. Er ist seiner Grupper, die sich auf dem Rückweg vom Base Camp befindet, ein bisschen weggelaufen und wir tauschen uns mit ihm über unsere letzte Woche aus. Nach seiner Aussage ist der Weg unkritisch für alle, die auch in den Alpen schon mal durch ein Geröllfeld gewandert sind.

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Als seine Gruppe wieder zu ihm aufschließt (wir begrüßen Chris noch kurz) setzen Matthias und ich dann aber auch unseren Weg schon fort und kommen bald zu dem Geröllfeld, von dem uns bereits erzählt wurde. Tatsächlich ist der Weg hier schon ein bisschen anspruchsvoller, der Boden ist sehr lose und würde man abrutschen, wäre es vermutlich schwierig vor dem Erreichen des Talbodens ein paar hundert Meter weiter unten wieder zu stoppen. Die Spur ist allerdings so weit ausgetreten, dass man nicht abrutscht und so windet sich der Weg, jetzt ansteigend, bald fallend, durch einen Hang, der mit Sandsteinsäulen gespickt ist. Definitiv eine der schöneren Passagen der ganzen Wanderung, was den unmittelbaren Weg betrifft. Nachdem wir das Geröllfeld durchquert haben, erreichen wir eine Talbiegung nach rechts und von hier können wir schon unser Ziel, die Tilicho Base Camp Lodge, erspähen. Kurz bevor wir die Lodge erreichen begegnen wir noch der indischen Wandergruppe, die wir auch am Anfang der Wanderung schon getroffen haben.

Den Nachmittag über entspannen wir uns im Restaurant der Lodge, wo die durch die Fensterscheiben brennende Sonne dafür sorgt, dass es beinah zu heiß ist, während draußen ein kleiner Sturm tobt.

Tag 10: Lake Tilicho (4960m) & Rückkehr nach Khangsar

Die Nacht verläuft recht erholsam, allerdings müssen wir zur Bewältigung unseres Tagesprogramms wieder recht zeitig aufstehen. Um 8 Uhr brechen wir auf, es müssen noch ca. 800 Höhenmeter bis zum See überwunden werden. Der Weg geht stetig steigend entlang des Geröllhangs, der auf dem unten stehenden Bild rechts zu sehen ist, die ganze Zeit genießt man einen phänomenalen Ausblick auf die Grande Barriere, eine 2000m hohe Eiswand die vom See bis zum Tilicho Peak hinaufreicht und die ganze Wand bis zum Pic Noir, dem nächsten Gipfel ausfüllt.

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Auf halbem Weg muss ich Matthias leider zurück lassen, da er für den anstrengenden Aufstieg bis zum See auf dieser Höhe heute nicht in der richtigen Verfassung zu sein scheint. Von seinem Ruhepunkt aus hat man allerdings auch eine sehr schöne Aussicht, nicht nur auf die Grande Barriere, sondern auch talabwärts bis zum in der Ferne aufragenden Manaslu. Um ihn nicht allzu lange warten zu lassen, fühle ich mich zu sportlichen Höchstleistungen angespornt und mache gute Fortschritte bis ich auf ca. 4900m ein Schild treffe, auf dem steht: „Tilicho Lake – 30 Minutes“. Ich dachte, der See läge quasi hinter der nächsten Biegung? Noch dazu wird der Weg, auch wenn nicht mehr viele Höhenmeter dazu kommen, ab hier recht schwierig, da vereist und glatt. Trotzdem erreiche ich bald den See und verstecke mich, um dem eisigen Wind zu entgehen, hinter den Überresten der Schutzhütte, die schon länger nicht mehr benutzt zu werden scheint. Hier und jetzt erreiche ich zum ersten Mal über 5000m und trage jedes Kleidungsstück, das ich dabei habe. Am Oberkörper entspricht das ungefähr sechs Schichten. Im Wind ist es trotzdem kalt. Ich verbringe eine knappe halbe Stunde damit die Umgebung und mich in dieser Umgebung angemessen abzulichten. Ich bin heute der einzige Mensch hier oben und das ist ein ziemlich faszinierendes Gefühl.

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Nicht so faszinierend ist die Kälte, die mich dann auch bald wieder den Rückweg antreten lässt. Bergab geht alles so viel leichter! Heiter und fröhlich treffe ich Matthias wieder und wir sind ruckzuck wieder am Base Camp. Nach einer Mittagspause treten wir wieder den Rückweg nach Khangsar an, ich kann euch sagen, dass wir beide gut bedient sind, als wir schließlich wieder dort ankommen. Außer Abendessen und schlafen ist heute nicht mehr viel drin.

Tag 11: Khangsar – Churi Ledar (4200m)

Anstatt wieder zurück nach Manang zu laufen und von dort auf dem Hauptweg Richtung Pass zu gehen, kürzen wir ein wenig ab und steigen von Khangsar, wie schon zwei Tage zuvor, in das alte Dorf hinauf. Von dort geht es immer entlang des Hangs, bis wir zum Eingang ins Nachbartal gelangen, von wo aus sich dieser sensationelle Blick auf Manang und das Marsyangdi Valley bietet:

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Wir laufen nun entlang eines Nord-Nord-Ost-Hangs und treffen hier auf den schwierigsten Teil des Weges der ganzen Wanderung. Da es hier Stellen gibt, an die die Sonne nicht gelangt, sind Teile des Weges ziemlich überfroren und eisglatt. Zum Glück sind schon einige Leute vor uns hier langgelaufen, sodass wir mit einiger Mühe in ihre Fußstapfen treten können. Langsam arbeiten wir uns so hinab zum Fluß, überqueren ihn auf einer weiteren schönen Hängebrücke und gelangen wenig später wieder auf den breiten Hauptweg. Es scheint zwar wieder die Sonne, aber gleichzeitig weht ein harscher Wind, der einem den Staub des Weges in die Augen pustet. Für ein spätes Mittagessen erreichen wir Yak Kharka, die Lodges hier sind sehr groß und massiv und das Menü vielfältiger als an vielen anderen Orten tiefer im Tal. Nach dem Mittagessen haben wir nur noch etwa eine Stunde vor uns, bevor wir Churi Ledar erreichen, unser Tagesziel. Während Matthias sich den Rest des Tages im Bett ausruht, trinke ich heißen Sea Buck Thorn Saft und spiele Freecell im Aufenthaltsraum. Abends wird der Ofen angeworfen und ich wärme mich noch ein paar Stunden und spiele mit der verrückten Katze des Lodgebesitzers. Außer uns ist nur noch eine Taiwanerin in der Lodge.

Tag 12: Churi Ledar – Thorong High Camp (4880m)

Die Taiwanerin bricht extrem früh auf. Wir frühstücken gemütlich und machen uns auf den Weg, als uns die Sonne schon wieder aufwärmt. Wir haben zwar einen anstrengenden, aber nicht besonders langen Teil vor uns, weswegen wir uns etwas mehr Zeit lassen. Es dauert nicht sehr lange, bis wir die Taiwanerin wieder vor uns sehen, sie läuft unendlich langsam. Wir überholen sie und erreichen nach der Querung durch ein weiteres Geröllfeld Thorong Phedi auf ca. 4400m. Hier gibt es eine große Lodge und es wird frisch gebacken. Da wir nur noch den Aufstieg ins High Camp (ca. 2 Stunden) vor uns haben, machen wir hier eine sehr ausgedehnte Pause: Erst gibt es Knoblauchtoast, Tee und heiße Schokolade, später kommen noch Zimtschnecken dazu.

MG_8910-2Die weitere Route besteht aus steilen Serpentinen, die sich den Hang bis zum High Camp hinaufwinden. Von unten sehen wir irgendwo über uns die Taiwanerin, die unsere ausgedehnte Pause dazu nutzen konnte, uns wieder zu überholen. Langsam aber stetig gewinnen wir an Höhe und nach der Durchquerung einer Engstelle am Hang öffnet dieser sich zu einem kleinen Plateau, auf dem das High Camp steht. Hier oben ist es nun wirklich ziemlich frisch und leider dauert es noch ein paar Stunden, bis der Ofen angeworfen wird. Wir verbringen den Abend am Ofen und unterhalten uns mit einem Kanadisch-englischen Pärchen (ab hier nur noch „Die Kanadier“), die mit Guide und Porter unterwegs sind, weil sie auch auf dem Nar-Pho-Trek unterwegs waren, den man nur mit Guides begehen darf.

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Die Taiwanerin leidet unter der Höhe und hat sich von den Kanadiern medizinisch versorgen lassen. Anscheinend ist ihr Freund einfach ohne sie weitergelaufen und hat sie auf der anderen Seite des Passes zurückgelassen. Ein komisches Völkchen…

Da wir am nächsten Tag die Königsetappe vor uns haben und früh rausmüssen, gehen wir zeitig ins Bett. Ich liege allerdings noch eine ganze Weile wach, da mein Herz, obwohl ich nichts tue, schlägt, als würde ich einen Marathon laufen.

Tag 13: Thorong High Camp – Thorong La (5416m) – Muktinath (3800m)

Wir stehen gegen 5 Uhr auf um gegen 6  loslaufen zu können. Es ist kalt und die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Der Weg ist teilweise auch vereist und auf dieser Höhe ist jeder Schritt anstrengend. Weiter oben scheint dann zwar die Sonne, aber uns weht ein starker eisiger Wind ins Gesicht, unsere Finger frieren ein. Wir holen die Taiwanerin wieder ein, die sich von einem Mitarbeiter des High Camps ihren Rucksack bis zum Pass tragen lässt und sie nutzt unseren Windschatten um ein wenig Geschwindigkeit zu gewinnen. Der Weg zieht sich und zieht sich und wir schleppen uns mühevoll bis zum Pass. Hier haben wir etwa zwei Minuten um zu jubeln und Beweisfotos zu schießen, dann sind wir eingefroren und machen uns schnell wieder auf die Suche nach tieferen Lagen.

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Auf der Passhöhe ist es erst 9 Uhr und wir haben den ganzen restlichen Tag Zeit um von 5416m wieder auf ca. 3800m abzusteigen. Schließlich kommen wir nach vielen Pausen wieder aufgetaut in Muktinath an, hier führt wieder eine Straße hin, die Essensauswahl ist vielfältiger, man fühlt sich wieder richtig in der Zivilisation angekommen.

Tag 14: Muktinath – Jomsom (2700m), via Kagbeni

Heute ist unser letzter Wandertag. Eine sehr schöne Etappe, die uns durch einige schöne Dörfer von Muktinath bis nach Kagbeni führt, im Rücken thront der Thorong La und scheint schon weit entfernt. Kagbeni ist ein hübsches Dorf mit gepflasterten Wegen und engen Gässchen und wir kehren zum Mittagessen bei „YakDonald´s“ ein, wo wir den mit Abstand besten Yak-Burger genießen dürfen.

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Anschließend gehen wir zur Straße und haben Glück, dass bereits nach wenigen Minuten ein Bus kommt, der uns nach Jomsom bringt. Von hier könnte man sogar aus dem Tal herausfliegen, aber das gibt unser Budget nicht her.

Tag 15: Jomsom – Tatopani (Bus, 1100m)

Zufällig treffen wir morgens im Hof unseres Hotels das kanadische Pärchen wieder. Wir bekommen die Möglichkeit, von ihren Guides zu profitieren und schließen uns ihnen nach ausgiebigem Frühstück, duschen etc. an. Der Rest des Tages vergeht hauptsächlich im Bus, in zwei Bussen um genau zu sein. Einer unbequemer und rumpliger als der andere, aber wir erreichen abends Tatopani und können, bevor es ganz dunkel wird, noch ein ausgiebiges Bad in den heißen Quellen nehmen (Tatopani heißt übersetzt „heißes Wasser“). In unserem Hostel treffen wir Martin wieder, er ist den ganzen Weg hierher gelaufen und so konnten wir seine zwei Tage Vorsprung durch unsere Busfahrt wieder aufholen.

Tag 16: Tatopani – Pokhara (Bus & Jeep)

Auch heute ist wieder ein Tag, der sich hauptsächlich durch motorisierte Fortbewegung auszeichnet. Der erste Bus von Tatopani nach Beni ist rappelvoll und ich bin sehr dankbar, dass ich den letzten Sitzplatz ergattert habe. Ich kann mir wirklich schöneres Vorstellen, als auf dieser Strecke und in diesem Bus zwei Stunden im Gang stehen zu müssen, mit eingezogenem Kopf. Ich sitze zwischen Martin und Chris, der auch wieder aufgetaucht ist. In Beni schließen wir uns  wieder den Kanadiern an und leisten uns für die Strecke nach Pokhara einen Jeep. Zwischendurch müssen wir ca. eine halbe Stunde Zwangspause einlegen, das wir einen Platten haben. Bei näherer  Betrachtung des nicht vorhandenen Reifenprofils nicht verwunderlich. Aber wir haben ein Ersatzrad dabei und so sind wir bald wieder unterwegs und werden, nachdem wir  uns von den Kanadiern verabschiedet haben, sogar vor unserem Hotel abgesetzt. Durch die Jeepfahrt sind wir schon am frühen Nachmittag in Pokhara, sodass wir noch einen Spaziergang entlang des Seeufers und durch die Hauptstraße des Touristenviertels Lakeside machen können.

Tag 17: Pokhara

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Tag 18: Pokhara – Kathmandu

Wir werden morgens vom Taxifahrer am Hotel abgeholt und zum Busbahnhof gebracht. Keine Ahnung wie irgendwer anhand unserer Tickets den richtigen Bus identifiziert und warum wir ausgerechnet diese Sitzplätze zugewiesen bekommen, aber alles klappt erstaunlich problemlos und wir sind wieder auf dem Weg nach Kathmandu. Dort angekommen hält der Bus in Laufreichweite unseres Hostels und für heute Abend steht nur noch ein Essen in einem israelischen Restaurant (man sitzt barfuß auf dem Boden, lauter moderne Hippies um einen herum) auf dem Programm.

Tag 19: Kathmandu & Heimflug

Morgens nach dem Frühstück spaziere ich auf der Suche nach einer Wäscherei nach Thamel. Ich hätte gerne eine saubere Hose und ein frisches Paar Socken fur den Rückflug. Die erste Wäscherei, die ich finde, verleiht außerdem auch Motorroller und leider haben sie keinen Expressservice wegen der Stromausfälle. Die zweite Wäscherei in einem Hostel verneint meine Anfrage mit der gleichen Begründung, aber als ich mit meiner Plastiktüte wieder vor die Türe trete, werde ich von einem Nepali angesprochen, ob ich eine Wäscherei suche, sein Bruder hätte eine. Durch einige Gässchen (ich werde es nie wieder finden) führt er mich zu seinem Bruder, zeigt mir, noch einen Hinterhof weiter, stolz seine Waschmaschinen und verspricht mir, meine Wäsche bis um 3 Uhr zum Hostel zu bringen. Ich finde die Hauptstraße wieder und kehre mit dem Gefühl, meine Hose zum letzten Mal gesehen zu haben, zum Hostel zurück. Den Rest des Tages verbringen wir mit Shopping und dem warten aufs Taxi und gegen vier Uhr nachmittags, etwa eine Stunde bevor wir zum Flughafen müssen, wird tatsächlich meine Wäsche geliefert. Ich bin begeistert! Wie auch immer er das trotz des Stromausfalls hinbekommen hat, sie sieht sauber aus und riecht vor allem wieder gut. Anschließend folgt eine typische Heimreise mit Taxi, zwei Flugzeugen, längerem Aufenthalt in Abu Dhabi zwischendrin und einem finalen Zug von Frankfurt nach Marburg und schließlich komme ich am 22.12. zur Abendessenszeit wieder zuhause an. Stay tuned!

 

P.S.: Mittlerweile sind wir in Bolivien. Es hat lange gedauert, diesen Artikel zu verfassen und jetzt habe ich schon wieder knapp drei Reisewochen, über die ich noch berichten muss. Vermutlich werde ich mich etwas knapper fassen, um irgendwann auch mal wieder in der Gegenwart anzukommen! Beste Grüße,

Fabi

2 Kommentare zu “Rund um die Annapurnas

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